Mohammed (sav) verbrachte einige Zeit bei seiner Mutter Amina und wurde später gemäß dem damaligen Brauch einer Amme übergeben. Der Grund hierfür war, dass die Kinder nicht in der Stadt, sondern in der gesünderen Wüstenluft aufwachsen sollten und von klein auf Hocharabisch lernten. Diesem Brauch entsprechend wurde Mohammed (sav) an Halima bint Abu Zuayb der Sippe Sa'd b. Bakr des Stammes Havazin gegeben. Halima war in einem Jahr der Hungersnot zusammen mit ihrem Mann und anderen Frauen, die ihren Lebensunterhalt ebenfalls als Amme verdienten, nach Mekka gereist. Sie hatte aber kein Kind einer reichen Familie finden können, was meistens bevorzugt war. Sie nahm den Waisen Mohammed (sav) nur zögernd auf, wollte aber nicht mit leeren Händen aus Mekka zurückkehren. Mohammed (sav) wurde von Halima nach zwei Jahren wieder nach Mekka gebracht. Amina wollte aber, dass er noch eine Weile bei Halima blieb, weil die Wüste ihm augenscheinlich gut getan hatte. Anderen Überlieferungen zufolge war der Grund dafür eine zu dieser Zeit in Mekka herrschende Pestepidemie. Mohammed (sav) blieb bis zu seinem vierten oder fünften Lebensjahr bei seiner Amme und wurde danach wieder zu seiner Mutter nach Mekka gebracht. Mohammeds sav) Pflegevater hieß Harith b. Abduluzza und seine Pflegegeschwister waren Abdullah, Unaysa und Schayma. Überlieferungen zufolge wurden Halima und Harith nach der Aufnahme von Mohammed (sav) gesegnet; ihre Kamele und Schafe gaben viel mehr Milch als zuvor.
Wie aus weiteren Quellen zu entnehmen ist, fand während dieser Zeit das sogenannte Wunder der „Öffnung der Brust" (Schaqq al-Sadr) statt. Es heißt, zwei Engel seien gekommen, hätten Mohammeds (sav) Brust geöffnet, sein Herz herausgenommen und es von allem Bösen gereinigt, indem sie es mit himmlischem Wasser wuschen, und es ihm dann in seine Brust zurücklegten. Daraufhin machten sich Halima und Harith, welche von diesem Ereignis wussten, und auch Zeugen weiterer außergewöhnlicher Geschehnisse waren, sich große Sorgen um Mohammed (sav) und ängstigten sich. Da sie sich diese Ereignisse nicht erklären konnten, fingen sie an zu glauben, dass es besser wäre, das Kind seiner Familie zurückzugeben.
Als Mohammed (sav) sechs Jahre alt war, reiste seine Mutter Amina mit ihm nach Yathrib (Medina). Ihre Sklavin Umm Ayman begleitete sie. Hier besuchten sie das Grab seines Vaters Abdullah und ihre Verwandten der Banu Nadschar, die wegen der Mutter Abdulmuttalibs als Onkel der Familie galten. Nach ungefähr einen Monat Aufenthalts in Yathrib machten sie sich auf den Rückweg nach Mekka. Da erkrankte Amina in Abwa, 190 km von Medina entfernt, und starb dort sehr jung. Es wird erzählt, dass sie kurz vor ihrem Tode ihren Sohn anschaute und sagte: „Jedes Lebewesen stirbt. Alles Neue wird alt. Alles viele wird weniger. Alles Große wird vernichtet. Ohne Zweifel werde auch ich sterben, aber man wird sich an mich immer erinnern. Weil ich der Welt meinen Sohn hinterlasse, für eine gute Zukunft." Der mit dem Tode seiner Mutter elternlos gebliebene Mohammed (sav) wurde von Umm Ayman nach Mekka gebracht und von seinem Großvater Abdulmuttalib aufgenommen. Im sechsten Jahr der Hidschra (628 n. Chr.) besuchte Mohammed (sav) das Grab seiner Mutter in Abwa. An ihrem Grab erinnerte er sich an die Barmherzigkeit seiner Mutter und weinte. Gerührt von seinem Verhalten, vergossen auch die Sahaba (seine Gefährten) Tränen.
Abdulmuttalib sorgte sehr gut für Mohammed (sav), welcher ihm von seinem geliebten und sehr jung gestorbenen Sohn Abdullah geblieben war. Er ass mit ihm gemeinsam am Tisch; ließ ihm ab und zu auf seinem Kissen im Schatten der Kaaba sitzen; nahm ihn mit zu den Versammlungen in das Dar an-Nadwa, wo er die Versammlungen leitete. Er versuchte immer, dem Jungen die Barmherzigkeit und Liebe eines Vaters zu zeigen. Der über achtzigjährige Abdulmuttalib übergab die Verantwortung für seinen achtjährigen Enkel Mohammed (sav) seinem Sohn Abu Talib, und starb kurz danach. Abu Talib war ein Bruder Abdullahs. Er liebte seinen Neffen mehr als seine eigenen Kinder, glaubte, dass er ihm Glück brachte, und gab sich sehr viel Mühe, damit er gut aufwuchs. Er nahm ihn auf manche seiner Reisen mit. Als Mohammed (sav) neun (oder zwölf) Jahre alt war und sein Onkel sich entschloss, zu Geschäftszwecken nach Syrien zu reisen, wollte er ihn begleiten. Als Abu Talib sah, wie sehr Mohammed (sav) drängte, nahm er ihn mit. Die Karawane übernachtete in Busra, Syrien. Hier lud sie ein in einem Kloster lebender Mönch namens Bahira zum Essen ein. Bahira erzählte Abu Talib, dass Mohammed (sav) der in der Bibel versprochene Prophet sei, warnte ihn vor möglichen Gefahren, und empfahl ihm, gut auf den Jungen achtzugeben. Abu Talib brach darauf seine Reise ab und kehrte nach Mekka zurück.
Mohammed (sav) hat -als er ungefähr zehn Jahre alt war- die Schafe seines Onkels Abu Talib gehütet, um diesem und dessen großer Familie zu helfen. Später, während seines Prophetentums, hatte er auf diese Zeit Bezug nehmend gesagt: "Es gibt keinen Propheten, der nicht Schafe gehütet hat.". Als die anwesenden Sahaba fragten: "Haben auch Sie Schafe gehütet, o Gesandter Allahs?", antwortete er: "Ja. Ich habe die Schafe der Mekkaner gehütet.".
Die Ehefrau Abu Talibs, Fatima bint Asad, kümmerte sich mehr um Mohammed (sav) als um ihre eigenen Kinder. Er hat nie vergessen, wie viel Herzensgüte seine Tante ihm gezeigt hatte. Er besuchte sie in ihrem Haus in Medina und schlief dort manchmal mittags. Als sie starb, war er davon sehr betroffen. Er nahm sein eigenes Hemd als ihr Totenhemd und leitete das Begräbnisgebet. Als er seinen Mitmenschen von seiner Traurigkeit berichtete, sagte er "Ich war ein Vollwaise, der ihre Obhut brauchte. Sie fütterte mich, obwohl ihre eigenen Kinder hungrig waren. Sie ließ ihre eigenen Kinder und kämmte meine Haare. Sie war wie meine Mutter". Abu Talib stand auch während Mohammeds (sav) Prophetentum stets an der Seite seines Neffen. Obwohl er seine hartnäckigen Einladungen zum Islam ohne Antwort ließ, tat er alles in seiner Macht Stehende, um ihn zu schützen.
Man weiß, dass in der Zeit der Dschahiliya (der Zeit der „Unwissenheit" vor dem Islam) unter den arabischen Stämmen aus verschiedenen Gründen sehr oft Kriege herrschte. Sogar in den heiligen (haram) Monaten (Dhu al-Qa'da, Dhu al-Hidschdscha, Muharram, Radschab), in denen Blutvergießen verboten war, gab es blutige Auseinandersetzungen. Weil diese Kriege in den heiligen Monaten stattfanden, nannte man sie die Fidschar-Kriege. Auch Mohammed (sav) nahm in seiner Jugend an einem dieser Kriege teil. Es wird erzählt, dass er zusammen mit seinen Onkeln an dem Krieg, der zwischen den aliierten Stämmen Quraisch-Kinana und Qays-Aylan ausbrach, teilgenommen hat. Es wird angenommen, dass er nicht kämpfte, sondern das Eigentum seiner Onkel hütete, die kommenden Pfeile mit einem Schild abwehrte, diese einsammelte und sie seinen Onkeln gab. Er war zu dieser Zeit verschiedenen Überlieferungen zufolge vierzehn, fünfzehn, siebzehn oder zwanzig Jahre alt.
Als Mohammed (sav) zwanzig Jahre alt war, nahm er an der Versammlung, die für das Abkommen namens Hilful-fudul stattfand, teil. Diese wurden abgehalten, weil gegen die armen und machtlosen Menschen, die der Hadsch und des Handels wegen nach Mekka reisten, Unrecht ausgeübt wurde und zudem häufig Kriege zwischen den Stämmen ausbrachen. Initiator der Versammlung war Mohammeds (sav) Onkel Zubayr b. Abdulmuttalib und sie wurde unter Leitung von Abdullah b. Dschudan et-Taymi, dem reichsten, ältesten und einflussreichsten Stammeshaupt durchgeführt. Diejenigen die an dieser Bewegung, deren Bezeichnung "Das Gelübde der tugendhaften Menschen" bedeutet, teilnahmen, schworen, dass sie, egal ob Einheimische oder Auswärtige, jeden gegen den Unrecht ausgeübt wurde, schützen würden, und sich gegenseitig finanziell unterstützend, als Einheit handeln würden, bis sie ihre Rechte geltend machen konnten. Auch nach dem Beginn der Prophetie berichtete Mohammed (sav) mit Lob von diesem Bündnis und sagte: "Ich hatte an dem Abkommen, das in Abdullah b. Dschudans Haus stattgefunden hatte, teilgenommen und ich würde diese Erfahrung gegen keine noch so schönen rothaarigen Kamele tauschen. Falls ich heute zu einem ähnlichen Abkommen eingeladen werden sollte, würde ich ohne Zweifel hingehen.". Nach der Überlieferung von Belazuri, hatte Abu Dschahil nach der Verkündung des Islam eine von einem Angehörigen des Stammes Arasch gekaufte Ware nicht bezahlt. Ein Ungläubiger, der wusste, dass Abu Dschahil ein Feind von Mohammed (sav) war und sich darüber lustig machen wollte, ging zu dem Geschädigten, zeigte auf den Propheten, der in dem Moment bei der Kaaba stand, und sagte, Mohammed (sav) könne sein Geld für ihn einfordern, falls er sich an ihn wende. Also ging der Händler zu Mohammed (sav), erzählte ihm den Vorfall und bat um Hilfe. Mohammed (sav) begleitete ihn bis zu Abu Dschahils Haus und erhielt die geforderte Summe ohne Weiteres.
Wie die meisten Quraisch trieb auch Mohammed (sav) Handel. Zuerst half er dem mit Stoff und Getreide handelnden Abu Talib, und als dieser alt wurde, übernahm er dessen Handel. Man weiß, dass er in dieser Zeit, oft Handelsreisen unternommen hat. Es ist bekannt, dass er in seiner Jugend zum Hubascha-Jahrmarkt, ein oder zwei Mal nach Jemen, zu den Muschakkar- und Deba-Jahrmärkten in Ostarabien und sogar nach Abessinien gereist ist. Durch diese Reisen hatte er nicht nur die Möglichkeit, den Handel zu erlernen, sondern er erfuhr auch viel über die in den verschiedenen Gegenden Arabiens lebenden Menschen, ihre Sprachen, Dialekte, ihre religiösen, politischen und sozialen Verhältnisse. Die Quellen sind sich darüber einig, dass Mohammed (sav) ein ehrliches Leben geführt hat, ohne sich die weitverbreiteten schlechten Angewohnheiten und Misslichkeiten der Dschahiliya anzueignen. Mit ungefähr fünfundzwanzig Jahren wurde er wegen seiner Keuschheit, seiner Tapferkeit und seiner Vorliebe für Gerechtigkeit, aber auch für sein gutes und vertrauenswürdiges Handeln, in seiner Umgebung mit dem Titel „Mohammed al-Amin" oder nur „al-Amin" (der Vertrauenswürdige) bekannt. Einer der Händler aus Mekka, Kays b. Saib, der mit Mohammed (sav) oft Geschäfte gemacht hatte und betonte, dass er keinen besseren Handelspartner hätte haben können, sagte einmal: "Manchmal, wenn er auf eine Geschäftsreise gehen wollte, beauftragte ich ihm mit manchen Angelegenheiten. Nachdem er zurückgekommen war, wäre er nie zu seinem Haus gegangen, bevor ich ganz zufrieden war. Andererseits, wenn ich auf eine Reise ging, und er mich mit der Erledigung von Geschäften beauftragte, ich zurückkehrte und alle Anderen mich um ihr eigenes Geschäft befragten, fragte er mich zuerst nach meiner Gesundheit und mein Wohlbefinden".